Mein Blick auf das Leistungsschutzrecht, Google und die Verlage
In der letzten Zeit musste ich mich sehr stark mit eher politischen Themen beschäftigen. Besonders mit dem Thema „Leistungsschutzrecht“. Durch das „Leistungsschutzrecht für Presseverleger“, das die Verlage fordern, soll schon für die Anzeige von kleinsten Textteilen, wie dem Titel, eine Vergütung von Suchmaschinen und Aggregatoren (z.B. Google News) fällig sein. Das hätte aber dann die Auswirkung, dass evtl. viele Services (z.B. Rivva und Social Bookmarking Dienste) sterben, weil sie diese Vergütung nicht bezahlen können. Google will nicht zahlen und müsste somit alle Nachrichten aus der Suche entfernen. Die Folge für die Nutzer wäre, dass man sich nicht mehr übersichtlich über aktuelle Themen und Ereignisse informieren kann. Ob Sportergebnisse oder Naturkatastrophen – man wird evtl. nichts mehr bei Suchmaschinen dazu finden. Als Nutzer müsste man dann einzelne Verlagsseiten direkt ansteuern und dort dann schauen, wie man an seine gewünschten Informationen gelangt. Hier entsteht aber dann auch das Problem der freien Meinungsbildung. Man hat nur noch die Sichtweise eines Verlags und kann schwer andere Aspekte eines Themas beleuchten. Zudem könnte es sein, dass kleine regionale Online-Nachrichtenportale, wie z.B. der AK-Kurier, bei dem ich mitwirke, schließen müssen, da keine Nutzer mehr über Suchmaschinen kommen und somit Besucherzahlen und Werbeeinahmen sinken. Wir müssten wahrscheinlich viel Geld für Print-Kampagnen und Social-Media-Werbung ausgeben, damit wir neue Leser finden. Alles eher absurd, aber der Gesetzesentwurf ist bereits im Bundestag und man kann nur hoffen, dass die Politiker nun so intelligent sind, und es ablehnen. Der Nutzer wird wahrscheinlich einen neuen Weg finden, um an seine Nachrichten heranzukommen. Bei Facebook kann man sich z.B. sehr leicht seinen eigenen Newsstream von unterschiedlichen Zeitungen einrichten. Nur ob Facebook generell das kleinere Übel im Gegensatz zu Google ist, mag ich zu bezweifeln. Hier noch ein gutes Video zu dem Thema.
Mein „Baby“ Virato ist auch so ein Aggregator und somit direkt vom Leistungsschutzrecht betroffen. Eigentlich hatte ich den Service entwickelt, damit man sich in Deutschland zu jedem aktuellen Thema bestmöglich informieren kann und sieht, was Deutschland gerade interessiert. Nur plötzlich befinde ich mich zwischen den Verlagen und Google, bekomme mit, wie die Politik wirklich im Hintergrund funktioniert und welchen Einfluss Lobbyisten hierbei haben. Spannend, aber auch irgendwie erschreckend. Am Donnerstag hatte ich dann bei der „Web de Cologne“ meine erste Podiumsdiskussion zu dem Thema. Mein „Kontrahent“ war Helmut Heinen, der Präsident des Bundesverbands der deutschen Zeitungsverleger. Es war eine sehr angeregte, aber insgesamt freundliche Diskussion auf fachlich hoher Ebene. Denke, ich konnte ganz gut überzeugen (Nachbericht). Ich glaube, generell würden solche offenen Gespräche beiden Seiten gut tun, denn man kann bestimmt noch viel voneinander lernen. Viele Möglichkeiten der Verlage sind noch ungenutzt.
Insgesamt sehe ich den „Krieg der Giganten“ (Deutsche Verlage vs. Google) sehr bedenklich. Beide Seiten sind Marktteilnehmer, die die Informationstransparenz und Meinungsfreiheit jedes einzelnen Bürgers beeinflussen. Beide Seiten versuchen nun die Nutzer für sich zu gewinnen. Google hat vor einigen Tagen die Kampagne „Dein Netz“ gestartet und die Verlage nutzen ihre Macht leider meist zur Desinformation der Leser. Es wird leider langsam zu einer dreckigen Schlammschlacht, die letztendlich auf dem Rücken der Bürger ausgetragen wird. Ich lehne das Leistungsschutzrecht grundsätzlich ab, aber die Beseitigung von vielerlei Grauzonen im Urheberrecht würde den Markteintritt junger Unternehmen bestimmt vereinfachen. Heutzutage benötigt man mind. einen eigenen Anwalt um überhaupt etwas erfassen, was man alles an Abmahnungen bekommen könnte.
Die nächsten Wochen und Monate werden bestimmt noch sehr spannend. Ich hoffe, dass das Leistungsschutzrecht letztendlich abgelehnt wird, denn ich würde gerne das Internet genauso nutzen wie bisher. Mit einer Informationsfreiheit und -transparenz, die ich von einem freien demokratischen Staat wie Deutschland erwarten würde.
P.S.: Eine Übersicht zu aktuellen Artikeln über das Leistungsschutzrecht findet man hier.